Freitag, 9. März 2012

12:08: Zu Sanifair:













Neben der bereits erwähnten Einlassschleuse, die 70 Cent verlangt und einen Wert-Bon in Höhe von 50 Cent ausspuckt, gibt es wasserlose Urinale, leider keine Musik (ich bin der Meinung, schon auf Musik-beschallten Sanifair-Anlagen gewesen zu sein), Werbung für Auto-Luftfilter und prostagutt ("weniger müssen müssen"), einen Kondom-Automaten mit Weckamin (für lange Nächte), künstlichen Vaginae (Travel-Pussy), Mini-Vibratoren und beinahe überraschend doch auch Kondomen, eine Handdesinfektionsmaschine und einen Laiendefibrillator.

Sanifair ist genau das, was Guy Debord meinte, wenn er von einer Spekatkularisierung aller Lebensbereiche in einer Gesellschaft des Spektakels sprach, also ein Spektakel-Klo. Wer es betritt, blickt in lachende Gesichter einer Frau, eines Mannes und eines Kindes in Leuchtkästen, daneben das große Ring und Yang -Sanifair-Logo und die Sanifair-Broschüre, in der es heißt:

"Immer mehr Menschen sind häufig unterwegs und praktisch jeder ist auf öffentliche Toiletten angewiesen […] SANIFAIR entwickelte ein völlig neuartiges Konzept: ein modernes, hygienisch sauberes, kundenfreundliches System, das den Besuch der öffentlichen Toilette zu einem überraschend angenehmen Erlebnis macht."

Hier zeigt sich mal wieder - was kein Erlebnis ist, ist nichts. Einfach mal Pinkeln gehen ist nicht mehr genug.

Selbstverständlich erfüllt Sanifair alle Ansprüche des zeitgemäßen Konsumenten: Selbstreinigende Toilettensitze und berührungslose Amateuren - "für Keime keine Chance", versprechen Sicherheit und Wohlfühlen, "ausschließlich biologisch abbaubare Reinigungsmittel" Nachhaltigkeit ("Klar, Hygiene ist mir wichtig - doch nicht auf Kosten der Umwelt" sagt der ideale blonde Sanifair-Kunde, der sicher mit dem Fahrrad auf die Autobahntankstelle gekommen ist.). Sanifair hat eine "Top Ausstattung - Seife, Handtuch und Co. immer zur Hand!, verhält sich verantwortungsbewusst und kundenfreundlich (Babywickelräume, Behinderten WCs, diese sogar kostenlos) und das Ganze zu einem "fairen Preis" (70 Cent fürs Pinkeln???). Eine andere Prospektkundin: "Mein SANIFAIR Wert-Bon ist bares Geld wert! Das kommt mir gerade recht für einen Kaffee oder was zum Naschen, bevor ich wieder weiterfahre. Tolle Idee!"

Finden wir auch. Vielleicht werde ich gleich noch einmal gehen. Und mit Filzstift einen Satz von Heiner Müller an die Klowand schreiben: "Diese Postkartenhäuser am Chiemsee"  - und dann werde ich einfügen "und neuerdings sogar die Autobahntoiletten"- "sind so zu Ende geputzt, dass Umweltverschmutzung zur letzten Hoffnung wird."